Photovoltaikanlagen und Elektrosmog? – baubiologie magazin

2022-09-18 04:48:40 By : Ms. Coco Wang

FRAGE: Wir möchten auf unser Dach eine Photovoltaikanlage bauen lassen. Nun hat uns eine Bekannte davon abgeraten mit dem Hinweis, dass diese starke Elektrosmog-Belastungen verursachen können. Stimmt das? Wie können wir diese vermeiden?

Da die Solarmodule Gleichstrom erzeugen, entsteht bei Lichteinfall (also nicht nachts!) zwischen der Plus- und der Minus-Leitung des Solargenerators ein elektrisches Gleichfeld. Diese beiden Leitungen sollten (auch aus Blitzschutzgründen) relativ nahe beieinander verlegt werden. Durch diese räumliche Nähe ist das elektrische Gleichfeld nur sehr nahe an den Solarmodulen und den Gleichstromleitungen messbar. Elektrische Gleichfelder gelten zudem erst ab einer hohen Spannung als gesundheitlich bedenklich. Entsprechend dem Standard der Baubiologischen Messtechnik (SBM) gilt ein elektrisches Gleichfeld bis 500 V/m als schwache Anomalie (V/m = elektrische Feldstärke in Volt pro Meter).

Das magnetische Gleichfeld schwankt bei einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) mit der Sonneneinstrahlung. Als Installationsempfehlung gilt sinngemäß das Gleiche wie bei den elektrischen Feldern. Entsprechend dem SBM gilt ein magnetisches Gleichfeld bis 2 μT als schwache Anomalie (µT = magnetische Flussdichte in Mikrotesla). Die magnetischen Gleichfelder einer PV-Anlage sind daher in der Praxis normalerweise kein Problem.

In einer PV-Anlage sind elektrische Wechselfelder vor allem an der Wechselspannungsleitung vom Zähler zum Wechselrichter und am Wechselrichter selbst vorhanden. Wechselfelder gelten für den Organismus als wesentlich schädlicher als Gleichfelder. Der SBM-Richtwert für Schlafbereiche beträgt für erdbezogene elektrische Wechselfelder daher nur 5 V/m. Obwohl in den Leitungen zu den Solarmodulen normalerweise nur Gleichstrom fließt, sind an diesen Leitungen häufig elektrische Wechselfelder messbar. Dies kann folgende Ursachen haben:

Magnetische Wechselfelder gelten als biologisch noch bedenklicher als die elektrischen Wechselfelder. Der SBM-Richtwert beträgt daher nur 0,1 μT als schwache Anomalie. Vor allem die Wechselrichter erzeugen erhebliche magnetische Wechselfelder – allerdings nur während des Tages. Die Stärke der magnetischen Wechselfelder ist abhängig von der jeweiligen Sonneneinstrahlung. Wechselrichter sollten daher in einem größeren Abstand zu tagsüber benutzten Schlaf- und Ruhe- oder auch Arbeitsbereichen montiert werden. Zur Reduzierung der schädlichen Einflüsse einer PV-Anlage gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Hierzu zählt z. B. die Auswahl der verwendeten Wechselrichter und sonstigen Materialien. Den größten Einfluss hat jedoch die richtige elektrosmogreduzierte Verlegung aller Verbindungsleitungen, die Erdung und der Montageort des Wechselrichters. Sollten bei einer baubiologischen Messung erhöhte Störspannungen auf der Wechselspannungsseite festgestellt werden, muss unter Umständen ein Netzfilter eingebaut werden.

Die zusätzliche Elektrosmog-Belastung durch eine PV-Anlage ist bei richtiger Ausführung (!) gering im Gegensatz zu dem, was sich viele Mitmenschen ansonsten zumuten. Beispielsweise ist das magnetische Wechselfeld eines kleinen Radios neben dem Bett (!) häufig höher, als die an einer PV-Anlage gemessenen Werte.

Folgende Maßnahmen sind immer zu empfehlen:

Diese Frage beantwortete Ihnen Werner Bopp, Baubiologe IBN und Elektromeister aus Mainfranken, www.baubiologie-mainfranken.de

Es gibt bei neuen PV-Anlagen bis auf wenige Ausnahmen nur noch trafolose Wechselrichter. Bei diesen sind nur geringe magnetische Felder zu erwarten. Es gibt aber noch viele Bestandsanlagen, bei denen Wechselrichter mit Trafo verbaut sind. Bei diesen sind höhere magnetische Wechselfelder zu erwarten, zu messen, und entspr. größere Abstände zu Daueraufenthaltsplätzen einzuhalten. Sind Wechselrichter direkt an einzelnen Modulen einer PV-Anlage verbaut, dann sind diese bzgl. magnetischer Wechselfelder aus folgenden Gründen weniger relevant: Es handelt sich dann um elektronische Wechselrichter, zudem ist die Leistung eines einzelnen Moduls relativ gering (250 Watt). Befinden sich solche Module auf dem Dach, ist der Abstand i.d.R. genügend groß. Da bei Modulwechselrichtern eine elektrische 50 Hz-Wechselspannung über die Leitungen schon ab den Modulen abgeht, sollten hierfür abgeschirmte Leitungen verlegt werden bzw. eine entsp. geerdete Abschirmung verlegt werden. Aktuell finden Modulwechselrichter wieder eine stärkere Verbreitung z.B. bei kleinen Balkonanlagen; hier ist bei sonnigem Wetter und gleichzeitigem Aufenthalt auf dem Balkon auf entspr. Abstand zu achten (konkrete Messungen liegen uns noch nicht vor). Auch hier sollten abgeschirmte Anschlusskabel verwendet werden. Was auch noch zu bedenken ist: Heutige Wechselrichter bieten meist Monitoring via Wi-FI bzw. LAN. Somit sind heute PV-Anlagen auch bzgl. elektromagnetischer Wellen (SBM Säule A3) relevant.

Frage + Antwort Schlagwörter: Elektrosmog, Photovoltaik

Vielen lieben Dank für diesen sehr interessanten Beitrag. Die einzige Möglichkeit uns Module auf das Dach zu bringen, wäre an die Dachschräge meiner Tochter. Tagsüber hält Sie sich oft im Zimmer auf und Nachts natürlich auch. Deswegen wollte ich nie PV. Jetzt bin ich noch unsicherer. Die steigenden Preise lassen einen grübeln.

Vielen Dank für den informativen Beitrag zur Elektrosmog-Belastung bei Photovoltaikanlagen. Ich finde das Thema sehr interessant und würde mich darauf freuen, mehr dazu zu lesen. Besonders jetzt, dass es viel über neue Förderungen für Photovoltaikanlagen geredet wird, ist es schwierig den Überblick zu behalten.

Wie beeinflussen Betondecken und Mauerwerk die Ausbreitung der Felder; kann damit der Abstand reduziert werden? Der Wechselrichter einer PV-Anlage soll im Keller unter einem Büro installiert werden, dadurch ist der Abstand kleiner 2 m. Stellt das ein Problem dar?

da man erst durch konkretes Messen der magnetischen Wechselfelder an einer in Betrieb genommen Anlage weiß, welche Feldintensitäten in unterschiedlichen Abständen auftreten, sollte der Abstand möglichst groß sein. Beton oder Mauerwerk schirmen magnetische Wechselfelder leider nicht ab. Um diese abzuschirmen, müsste der Wechselrichter mit Trafoblech/Metall ummantelt werden, was aber zu Überhitzungsproblemen führen kann… Da heutzutage i.d.R. elektronische und somit trafolose Wechselrichter verbaut werden, ist das Problem der magnetischen Wechselfelder weitgehend erledigt. Fragen Sie Ihren Anbieter, welcher Wechselrichter für Ihre Anlage vorgesehen ist!

Nachteil der elektronischen Wechselrichter ist, dass diese Oberwellen erzeugen, die dann als sogenannte „Dirty power“ auch auf den Stromleitungen Ihres Hauses vagabundieren können… Und da heißt es dann wieder Abstand halten, oder abgeschirmte Leitungen im Gebäude haben… Gerne können Sie die Installation einer PV-Anlage fachlich durch eine/n Baubiologische/n Messtechniker/in IBN messtechnisch begleiten lassen; hierzu nehmen Sie am besten Kontakt mit einer unserer Baubiologischen Beratungsstellen IBN auf.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr IBN-Team

Ich habe gelesen, dass bei Wechselrichter mitunter hohe hochfrequente Feldbelastungen entstehen. Welche Werte sind da anzustreben (was ist hoch, was ist niedrig) und können Sie bestimmte Hersteller/Produkte empfehlen?

Ja, jeder Wechselrichter erzeugt unterschiedliche hohe Feldbelastungen. Die Hersteller machen jedoch hierzu keine Angaben und haben dieses Thema meist auch nicht “auf dem Schirm”. Hinzu kommt, dass die Feldbelastungen auch je nach Jahreszeit, Sonnenstand und Sonneneinstrahlung variieren können.

Wir empfehlen einen möglichst großen Abstand zwischen Daueraufenthaltplätzen (z.B. dem Schlaf- oder Arbeitsplatz) und Wechselrichtern von mindestens drei Metern.

Generell gilt zu bedenken, dass nachts keine Sonne scheint, also auch kein Strom fließt.

Welche Werte anzustreben sind, finden Sie in unseren „Baubiologischen Richtwerten für Schlafbereiche“: http://www.messtechnik.baubiologie.de

Es gibt bereits Photovoltaikmodule, welche den Wechselrichter bereits im Modul haben. Dies hat den Vorteil, dass bei evtl. Beschattung nicht die gesamte Anlage weniger leistet. Ist diese Variante dann aufgrund des bereits in den Modulen befindlichen Wechselstromes nicht zu empfehlen? Wenn der Strom nachts abgeschaltet wird, kann das doch kein Problem mehr darstellen, wenn man sich tagsüber nicht in den unterm Dach befindlichen Räumlichkeiten aufhält, oder?

Dass einzelne PV-Module mit integriertem Wechselrichter auf Dächer montiert werden, ist uns neu. Dies kennen wir nur von kleine PV-Anlagen, die man z.B. auf einem Balkon positioniert, die einzeln direkt an eine Steckdose angeschlossen werden (geeignet z.B. auch für Mieter). Es ist allerdings heute üblich, dass PV-Module mit sog. Moduloptimierern ausgestattet werden, die u.a. verhindern, dass Teilverschattungen zu überproportionalen Leistungsreduzierungen führen. Für diese Technik ist Wechselstrom erforderlich, der laut Messungen beim VDB (Berufsverband Deutscher Baubiologen) zu relativ starken elektrischen Wechselfeldern führen können. Es ist deshalb zu empfehlen, nah an PV-Anlagen befindliche Wohn- oder Arbeitsräume mit leitfähigem Material abzuschirmen (z.B. mit geerdetem leitfähigen Metallgewebe unter Dachziegel). Auch die Verbindungsleitungen zwischen den Modulen und dem Wechselrichter sollten aus abgeschirmten Kabeln bestehen. Generell empfehlen wir die messtechnische Begleitung durch Baubiologische Messtechniker*innen. Ansonsten haben Sie natürlich Recht, dass nachts keine elektrischen Wechselfelder entstehen.

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